"Wenn wir allen eine Chance geben, gewinnen wir alle."
Inklusion braucht Dialog_Im Interview mit Paraschwimmer Andreas Onea.
Andreas Onea ist erfolgreicher Paraschwimmer sowie Moderator und Speaker. Seine Botschaft: „Niemals aufgeben, das Leben geht weiter“. Durch seine Tätigkeiten möchte er Menschen Mut machen und sie für Inklusionsthemen begeistern. Als Moderator der Studienpräsentation „Inklusion und Präsenz von Menschen mit Behinderung im öffentlichen Diskurs" im Rahmen des #ZeroProject, welche Sodexo Österreich unterstütze, machte er sich für die Inklusion von Menschen mit Behinderung stark. Im Zuge unserer Kooperation mit dem Sportland Niederösterreich stand uns Andreas in einem Interview Rede und Antwort zu Paralympics, Diversität, Ernährung und Sport.
Lieber Andreas, nach dem Verlust deines linken Armes hast du mit dem Schwimmen als Therapie begonnen und darin deine Leidenschaft gefunden. Hättest du damals gedacht, dass du nur ein paar Jahre später als jüngster österreichischer Athlet an den Paralympics 2008 in Peking teilnehmen und es auf den 6. Platz in der Klasse SB8 über 100 m Brust schaffen würdest?
Andreas Onea: Das war unglaublich. Nur zehn Jahre nach dem Unfall stand ich plötzlich im Finale bei den Paralympics und war in den Top 6 der Welt! Das hatte damals niemand am Radar, nicht mal ich. Umso schöner war es, dass ich dort dabei war und zum ersten Mal der Traum aufgekommen ist, eine Paralympics-Medaille zu gewinnen.
Mit zwölf Jahren wurdest du zum ersten Mal Staatsmeister über 100 m Brust. Mittlerweile sind es zwölf Medaillen bei Großereignissen, die du geholt hast. Elf bei Welt- und Europameisterschaften und sogar eine Bronzene bei den Paralympics in Rio 2016. Was hat dich in dieser Zeit motiviert und zu deinen Erfolgen gebracht?
Andreas Onea: Zuallererst hatte ich großen sportlichen Ehrgeiz und wollte mir und allen anderen beweisen, was alles möglich ist. Mit jedem Erfolg hatte ich Lust auf mehr und war mir plötzlich bewusst, was alles geht. Aber es ist auch immer härter und intensiver geworden. Weil ich aber immer klare Ziele hatte, wusste ich, dass es sich auszahlt, hart dafür zu trainieren. Später habe ich auch gemerkt, dass ich mit meiner Schwimmerei anderen Menschen Mut machen kann, was mich nochmal angespornt hat, ganz weit zu kommen, um viele Menschen mit meiner Geschichte zu erreichen.
Wie wichtig war in Wettkampfzeiten und ist dir immer noch gesunde Ernährung? Was essen Sportler:innen wie du am liebsten?
Andreas Onea: Am liebsten das gute Zeug 😊 Ernährung ist ein ganz wichtiger Faktor für die Regeneration und die Leistung, sowohl im Training als auch in der Wettkampfphase. Unsere Körper müssen optimal ernährt, hydriert und versorgt werden, damit absolute Top-Leistungen möglich sind. Aber Ernährung ist auch Genuss und der Kopf isst mit dem Bauch mit. Hier ist es wichtig die Balance für sich selbst zu finden und sich auch hin und wieder etwas zu gönnen.
Inklusion ist bei Sodexo ein wichtiger Bestandteil unserer Wertewelt. Wir möchten zusammen unsere Gemeinschaft integrativer gestalten und Barrieren beseitigen, damit Menschen mit Behinderungen das ganze Jahr über ihr volles Potenzial entfalten können. Welche Tipps würdest du Unternehmen geben, welche ihre Arbeitsplätze inklusiver gestalten möchten?
Andreas Onea: Mutig sein und Menschen zutrauen über sich selbst hinauszuwachsen, vollkommen egal ob mit Behinderung oder ohne. Wenn wir uns auf die Stärken aller fokussieren können wir ganz viele Potenziale heben. Wichtig ist es auch in der gesamten Belegschaft Berührungsängste und Vorurteile abzubauen, Prozesse und Strukturen inklusiv zu denken und alle mitzunehmen. Am Ende gewinnen alle!
Die Studie des Medienmarktforschungsinstituts MediaAffairs zeigt, dass Menschen mit Behinderung in Medien in etwa gleich wenig sichtbar sind wie noch vor sieben Jahren. Wenn Medien berichten, dann in der Hälfte der Fälle über nur zwei Themen: Paralympics oder Charity-Events. Es gibt aber auch positive Entwicklungen: Zu den größten Aufsteigerthemen im öffentlichen Diskurs gehört die Bewusstseinsbildung. Wie nimmst du die Medienbeiträge in Österreich über Menschen mit Behinderungen wahr?
Andreas Onea: Ich beobachte die Berichterstattung schon seit langer Zeit aus der Perspektive des Sportlers und des Moderators und bin Gott sei Dank auch aktiver Teil dessen. Aus beiden Perspektiven versuche ich zu einer Berichterstattung beizutragen, die auf Augenhöhe passiert und den Menschen und die Lebensrealität im Mittelpunkt hat. Sowohl durch meine Geschichte und Erfolge als auch durch die Art und Weise wie wir über andere Menschen und deren Geschichten erzählen. Es hat sich hier schon einiges getan, muss aber stetig weiterentwickelt werden. Es ist erfreulich zu sehen, dass gesellschaftliche Bewusstseinsbildung schon mehr stattfindet und ich denke, dass das dazu beiträgt Medien und JournalistInnen zu sensibilisieren und allen Facetten von Behinderung den Rahmen zu geben, um Inklusion in der Gesellschaft zu beschleunigen.
Medien präsentieren Menschen mit Behinderung oft als bemitleidenswerte Opfer oder Bittsteller:innen, während sich auf Social Media zeigt, dass sich Menschen mit Behinderung selbst fast nie in der Opferrolle inszenieren und stattdessen selbstbewusst und fordernd auftreten. Woran denkst du liegt es, dass noch immer eine verzerrte Realität von Menschen mit Medien dargestellt wird?
Andreas Onea: Oftmals fehlt hier noch die Sensibilisierung der gestaltenden Medien und deren Berührungspunkte mit Behinderung entsprechen noch veralteten und menschrechtsunwürdigen Bildern von Menschen mit Behinderung. Und das liegt meistens daran, dass auch Journalist:innen im persönlichen oder beruflichen Alltag wenig mit Menschen mit Behinderung zu tun haben. Auch hier heißt proaktiv zu unterstützen und dazu beizutragen diese Bilder aufzubrechen. Soziale Medien sind hier eine große Macht, da die Personen ihre Geschichten in der eigenen Hand haben. Was möchte ich zeigen? Wie möchte ich, dass meine Erzählung wirkt? Und wie ist das direkte Feedback meiner Community? Auf sozialen Medien habe ich die Möglichkeit genau zu zeigen, dass wir nicht in der Opferrolle sein sollten, sondern einen enorm wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft haben.
In der Studie wird aufgezeigt, dass ein Viertel der Berichterstattung immer noch der UN-Konvention widerspricht, etwa weil diskriminierende Wörter verwendet werden oder klischeehafte Inszenierungen erfolgen. 2015 und 2016 enthielt noch fast jeder zweite Medienbeitrag problematische Aspekte. Was könnte die Entwicklung zu einer inklusiven Sprache vorantreiben?
Andreas Onea: Mit gutem Beispiel vorangehen und proaktiv auf Medien zugehen die hier noch nicht entsprechend richtig formulieren. Das bietet auch Möglichkeiten auf die Redaktionen zuzugehen und in Schulungen und Workshops zu unterstützen. Das ist etwas das der ORF im Rahmen von Licht ins Dunkel intensiv mit den Redaktionen betreibt und hier Veränderung aus dem Inneren heraus unterstützt. Ich denke, dass wir bei der nächsten Studie einen großen Sprung gemacht haben werden. 😊
Zum Abschluss möchten wir dir noch eine persönliche Frage stellen:
Welchen Ratschlag würdest du deinem jüngeren Ich aus heutiger Sicht geben?
Meinem jüngeren Ich würde ich raten, viel früher viel größer zu träumen und hart zu arbeiten. Es ist unglaublich, was alles möglich wurde.
Vielen Dank, Andreas!
Mehr Informationen zu Andreas Onea finden Sie auf seiner Website unter www.andreasonea.at
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